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Beitrag vom 20.01.2008
Bewachter Alltag - Antisemitische Mentalitäten
Annegret Oehme
Bis zum 27. Februar 2008 zeigt die Ausstellung in den Räumen der Amadeu Antonio Stiftung Fotos und Untersuchungen zur notwendigen aber traurigen Tatsache der Bewachung jüdischer Einrichtungen.
Ausschnitte einer verschobenen Normalität
"Muss man denn heute wirklich noch jüdische Einrichtungen beschützen? Die wollen doch nur wichtig sein!"
So oder so ähnlich klingt es allzu oft, wenn sich nichtjüdische BürgerInnen über die Tatsache äußern, dass Objekte, in denen jüdisches Leben stattfindet, unter polizeilicher Bewachung stehen oder zumindest durch Sicherheitsvorkehrungen, wie Kameras und hohe Zäunen, optisch eher einem Gefängnis gleichen.
Erst Nachrichten, wie die, dass am Mittwoch, den 16.01.2008, fünf SchülerInnen der jüdischen Oberschule Berlins angegriffen und antisemitisch beschimpft wurden, schrecken auf. Schließlich hetzten die Angreifer sogar noch einen Hund auf die Jugendlichen.
Die Notwendigkeit erhöhter Sicherheitsmaßnahmen ist nicht zu leugnen. Ist dies aber "normal"? Esra Cohen, der frühere Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde Düsseldorfs, auf deren Synagoge im Jahr 2000 ein Brandanschlag verübt worden war, äußerte sich folgendermaßen: "Wir haben ja diese Diskussion, dass es im Ungang mit jüdischen Bürgern endlich zur Normalität kommen soll. Aber was ist Normalität? Da der Antisemitismus ja ´normal´ zu sein scheint, müssten wir eher zur Unnormalität kommen, wenn wir darauf verzichten, solche Einrichtungen zu bewachen."
In der aktuellen Ausstellung "Bewachter Alltag - Antisemitische Mentalitäten - Ausschnitte einer verschobenen Normalität" zeigt die Amadeu Antonio Stiftung Statistiken antisemitischer Straftaten und die Verbreitung antisemitischer Einstellungen in Verbindung mit Photographien jüdischer Objekte. Viele jüdische Gemeinden Deutschlands, die als potentielle Fotoobjekte angefragt wurden, lehnten ab, weil sie die traurige Notwendigkeit nicht extra noch thematisieren wollten.
Mit Aufnahmen der Photographin Nele Heitmeyer, die auch für "Die Zeit" arbeitet, Interviews der Journalistin Nora Hertel und der Untersuchung zu Gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit werden die Tatsachen dargestellt und auf gefährliche Tendenzen und diskrepante Wahrnehmungen aufmerksam gemacht.
Dabei werden nicht nur "klassisch"-antisemitische Aussagen untersucht, sondern auch auf den schleichenden Antisemitismus hingewiesen, der sich zum Beispiel in den Forderungen nach einem "Schlussstrich" unter die deutsche Vergangenheit oder Vergleichen der israelischen Palästinenserpolitik mit den nationalsozialistischen Verbrechen zeigt.
Die Ausstellung kann noch bis zum 27. Februar besichtigt werden.
Ausstellungsdauer: 18.Januar bis 27. Februar 2008
Ausstellungsort: Amadeu Antonio Stiftung
Linienstrasse 139, 4. Obergeschoss rechts
10115 Berlin-Mitte
Tel: 030-240 886 10
Fax: 030-240 886 22
Mehr Informationen zur Amadeu Antonio Stiftung: www.amadeu-antonio-stiftung.de
Informationen zu Rechtsextremismus und möglichen Gegenstrategien: www.mut-gegen-rechte-gewalt.de